Betrüger-Paradies Deutschland – endlich endet das „Mittelalter“ am Immobilienmarkt

Veröffentlicht am 27. Oktober 2022 um 19:40

 

Der Aktienmarkt ist in Deutschland streng reguliert, auf dem Immobilienmarkt hingegen herrschen Wildwestzustände – bis jetzt. Sicher profitiert der Staat durch mehr Transparenz auch steuerlich. Doch letztendlich geht es um Gerechtigkeit.

 

Zu einem gut funktionierenden Markt gehören Informationen. Und zwar solche, die möglichst allen Marktteilnehmern und auch den Regulierungsbehörden zugänglich sind.

 

Ein vorbildliches Beispiel ist der Aktienmarkt. Börsennotierte Unternehmen müssen stapelweise Informationen bereitstellen, Analysten nehmen diese auseinander, die Börsenaufsicht beobachtet das Geschehen mit Argusaugen.

Dreiste Betrügereien am Aktienmarkt gibt es heutzutage eher im Kino, weniger in der Realität. Anders am Immobilienmarkt. Grundstückseigentum, Miet- und Verkaufserlöse oder verzweigte Beteiligungen zu verschleiern, ist in Deutschland noch ein Kinderspiel.

Deshalb ist es richtig, dass der Gesetzgeber mit dem zweiten Sanktionsdurchsetzungsgesetz Abhilfe schaffen will. Indem er die Grundbuchämter dazu verpflichtet, alle Eigentums-Einträge dem Transparenzregister zu melden, wird der Markt fairer und damit effizienter.

Künftig können Ermittler und Behörden leichter erkennen, wo echte Personen als verantwortliche Eigentümer stehen und wo nur anonyme Gesellschaften aufgeführt sind. Im nächsten Schritt wird Geldwäsche schneller erkennbar, sanktionierte Personen und Güter sind leichter greifbar.

Der bekannte Hedgefondsmanager und Leerverkäufer Fraser Perring bezeichnete die hiesigen Grundstücksmärkte vor einiger Zeit als „mittelalterlich“. Tatsächlich hat der Immobilien- im Vergleich zum Aktienmarkt etwas Feudalistisches.

Wer Steuern hinterziehen oder Geld waschen will, kann leicht eine Kette aus Eigentümergesellschaften knüpfen, verzweigt über Teileigentümer im Ausland, und dann beispielsweise als „Berlin Real Estate GmbH“ eine Immobilie kaufen.

Eine Frage der Gerechtigkeit

Für Perring wurde das zu einem Thema, als er entdeckte, dass die Vorgängergesellschaft des Immobilienkonzerns Adler Group, die ADO Group, über verworrene Gegengeschäfte mit Adler Real Estate und ADO Properties einen auffällig hoch verschuldeten Konzern schmiedete.

Seit einem Jahr wettet Perring auf dessen Untergang. Sein Verdacht: Manager und Teilhaber haben sich bereichert. Immobilientransaktionen und Gewinne zu verschleiern, sind keine Kavaliersdelikte.

Jeder normale Steuerzahler und Häuslebauer ist seinem Finanzamt wohlbekannt, beim privaten Immobilienkauf wird jeder einzelne Euro versteuert. Den Immobilienmarkt transparenter zu machen, Eigentümer und deren Geldflüsse aufzuspüren, ist also nicht nur eine Frage von Fiskaleinnahmen, sondern eine der Gerechtigkeit.

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