Chef von "Putins Lieblingszeitung" stirbt plötzlich im Wald

Veröffentlicht am 25. September 2022 um 13:04

Wladimir Sungorkin ist einer der Top-Propagandisten Russlands, seine Zeitung "Komsomolskaja Prawda" gilt als das Sprachrohr des Kremls. Während einer Reise in den Fernen Osten stirbt der Putin-Vertraute nun unerwartet.

In Russland ist der Chefredakteur der auflagestärksten Zeitung des Landes, "Komsomolskaja Prawda", unerwartet gestorben. Wladimir Sungorkin starb während einer Dienstreise in der Region Primorje im Fernen Osten Russlands, wie sein Blatt berichtet. Es heißt, der 68-Jährige habe während einer Recherche-Expedition einen Schlaganfall erlitten. Erst am vergangenen Wochenende kam in derselben Region ein hochrangiger Manager aus dem Energie-Sektor unter seltsamen Umständen ums Leben. Die Leiche von Iwan Peschorin wurde am Montag in Wladiwostok, dem Verwaltungszentum von Primorje, aus dem Wasser gezogen. Seit dem Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine häufen sich zum Teil mysteriöse Todesfälle unter Geschäftsmännern und Beamten.

Sungorkin zählte zu den bedeutendsten Propagandisten Russlands, die von ihm geführte "Komsomolskaja Pravda" wird in den Medien als "Lieblingszeitung" von Präsident Wladimir Putin beschrieben. Das Verlagshaus "KP", das Sungorkin leitete, ist eins der größten und einflussreichen in ganz Russland. Sungorkin galt als besonders regierungsnaher Medienmanager. Unter anderem war er Putins Treuhänder bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2018.

Auf Kreml-Kurs - und der EU-Sanktionsliste

Die Boulevardzeitung unterstützt fast immer den Kurs des Kremls und erlaubt sich nur seltene Kritik einzelner Beamten. "Komsomolskaja Prawda" erscheint täglich in mehreren regionalen Ausgaben und hat eine Gesamtauflage von über 800.000 Exemplaren. Das Wochenblatt "Komsomolskaja Prawda Tolstuschka" ("Die Dicke") hat eine Auflage von über drei Millionen Exemplaren. Die Website der Zeitung ist mit 65 Millionen monatlichen Besuchern die populärste Medienseite in Russland.

Sungorkin arbeitete seit 1985 als Journalist bei der Zeitung, seit 1997 war er Chefredakteur und seit 2002 Generaldirektor des Verlags. Der Journalist war mit zahlreichen Verdienstorden ausgezeichnet. Im April 2022 setzte die Europäische Union Sungorkin auf ihre Sanktionsliste und bezeichnete ihn als einen der Hauptakteure der russischen Propaganda.

Putin beklagt "einen großen Verlust für den heimischen Journalismus"

Kremlchef Putin drückte der Familie und den Freunden des Propagandisten sein Beileid aus. Sungorkins Tod sei "ein großer Verlust für den heimischen Journalismus, für uns alle", heißt es in einem Kondolenzschreiben, das auf der Website des Kremls veröffentlicht wurde. "Er war ein Patriot, ein außergewöhnlicher, kreativ begabter, talentierter Mensch."

Auch Sungorkins Kollegen reagierten bestürzt auf seinen Tod. Chefredakteurin der kremltreuen Nachrichtenagentur RT, Margarita Simonjan, sprach in einem Post bei Telegram in wärmsten Tönen von einer Pilzwanderung, die sie mit Sungorkin nach eigenen Worten im vergangenen Jahr unternommen hatte. Sungorkin sei dabei fröhlich und heiter gewesen und habe sich "über alle lustig gemacht, vor allem über sich selbst", schrieb die Propagandistin. "Wie mir gesagt wurde, so war er auch gestern, als er gestorben ist. Beim Wandern, im Wald, unterwegs", so Simonjan. "Es würde mich nicht wundern, wenn er auch in diesem Moment Witze über sich selbst und seinen Schlaganfall gemacht hätte."

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