„Verändern zweifellos die Pläne“: Ukrainischer Oberst schildert, wie Irans Kamikaze-Drohnen zur Gefahr werden

Veröffentlicht am 27. September 2022 um 18:22

Russland setzt die Flugwaffen aus Teheran mittlerweile erfolgreich ein. Experten gehen davon aus, dass sie den Kriegsverlauf deutlich beeinflussen könnten.

Durch den Einsatz von iranischen Drohnen hat Russland mehrere schwere Angriffe in der nordöstlichen Region Charkiw durchgeführt. Wie ukrainische Kommandeure beschreiben, seien in der vergangenen Woche mehrere Kamikaze-Drohnen des Typs Shahed-136, die in russische Farben umlackiert und als „Geranium 2“ beschriftet wurden, über die ukrainischen Panzer- und Artilleriestellungen hinweggeflogen, berichtet das „Wall Street Journal“.

Live auf Ihr Handy Alle aktuellen Nachrichten zum russischen Angriff auf die Ukraine bekommen Sie mit der Tagesspiegel-App. Hier für IOS und Android herunterladen.

Ukrainischen Angaben zufolge ist dies der erste groß angelegte Einsatz eines ausländischen Waffensystems auf russischer Seite seit Beginn des Krieges. Allein in seinem Einsatzgebiet hätten die iranischen Drohnen vier Panzerhaubitzen sowie zwei Schützenpanzer zerstört, sagte Oberst Rodion Kulagin, Artilleriekommandeur der 92. Brigade der ukrainischen Armee, der US-Zeitung. 

„In anderen Gebieten verfügen die Russen über eine überwältigende Feuerkraft der Artillerie, mit der sie zurechtkommen“, so Kulagin. Nach den Gebietsgewinnen der ukrainischen Armee in Charkiw hätten die russischen Streitkräfte diesen Artillerievorteil im Nordosten nicht mehr. „Deshalb haben sie begonnen, auf diese Drohnen zurückzugreifen.“

Die Kamikaze-Drohnen des Typs Shahed-136 fliegen meist paarweise und schlagen dann auf ihre Ziele ein. Da sie relativ klein sind und niedrig fliegen, seien die ausländischen Drohnen schwer mit den ukrainischen Luftabwehrsystemen aufzuspüren, so der Kommandeur. 

 

Am vergangenen Dienstag war der Einsatz der Drohnen im Ukraine-Krieg erstmals bildlich nachgewiesen worden. Fotos zeigten eine zerstörte Shahed-136, die vermutlich explodiert war.

Wann und wo die Bilder gemacht wurden, ließ sich zunächst nicht bestätigen. Einen Tag später berichtete das britische Verteidigungsministerium, dass Russland mit hoher Wahrscheinlichkeit erstmalig iranische Drohnen in der Ukraine anwende.

Laut Kulagin habe Russland vor dem derzeitigen Einsatz einen Test mit den iranischen Drohnen durchgeführt. Getroffen worden sei dabei eine Haubitze des Typs M777. Diese werden von den USA an die Ukraine geliefert. Eine weitere Drohne, die wohl fehlschlug, hätten die ukrainischen Truppen bergen können.

Iranische Drohnen bieten Russland ein „starkes Gegengewicht“

Experten gehen davon aus, dass die ausländischen Drohnen - anders als die bisher eher schwachen Drohnentechnologien Russlands - den weiteren Kriegsverlauf deutlich beeinflussen werden.

„Ethnische Säuberungen“ Putin schickt bei seiner Teilmobilmachung vor allem Minderheiten an die Front

Die Shahed-136 biete Russland ein „starkes Gegengewicht“ zu Waffensystemen wie die von den USA zur Verfügung gestellten Raketenwerfer des Typ Himars, sagte Scott Crino, Gründer des Consulting-Unternehmens Red Six Solutions, dem „Wall Street Journal“. 

„Die Anwesenheit der Shahed-136 im Ukraine-Krieg verändert zweifellos die operativen Pläne Kiews.“ Allein die schiere Größe des ukrainischen Schlachtfeldes mache es schwer, sich gegen die Shahed-136 zu verteidigen. Zudem hätten die Drohnen laut Crino eine hohe Zielgenauigkeit: „Wenn eine Shahed einmal ein Ziel erfasst hat, ist sie schwer zu stoppen.“

Um die iranischen Drohnenlieferungen an Russland zu unterbinden, hofft Oberst Kulagin auf fortschrittlichere Drohnentechnologien aus den USA und von ihren Verbündeten. Zu solchen Lieferungen hat sich das Land derzeit nicht geäußert.

Bereits im Juli warnten erste US-Sicherheitsberater, dass Russland womöglich Hunderte Drohnen aus dem Iran einkaufe. Damals bestritt das iranische Außenministerium das Vorhaben. Moskau hat sich bislang nicht öffentlich zu einem Kauf iranischer Drohnen geäußert.  

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.

Erstelle deine eigene Website mit Webador